Erinnert sich noch jemand an Nintendos Adventsüberraschung „Mission in
Snowdriftland“? Natürlich tut ihr das, schließlich wurde es dieses Jahr sogar
noch einmal neu aufgelegt. Etwas weniger bekannt ist vielleicht, dass dieselben
Entwickler auch zu Ostern 2007 aktiv wurden und im April das kleine Flash-Spiel
„Chick Chick Boom“ in Kooperation mit Nintendo of Europe auf die Beine gestellt
haben. Mehr als drei Jahre später ist es den deutschen Entwicklern, jetzt unter
dem Namen „tons of bits“, gelungen, eine kaufbare Version ihres damaligen Hits
auf die WiiWare zu bringen. Inzwischen ist dazu sogar eine kostenlose Demo
erschienen. Ein gutes Zeichen für Qualitätsware aus deutschen Landen, oder?
Tatsächlich orientiert sich das Spiel in technischer Hinsicht erfreulicherweise
an den Titeln des ebenfalls einheimischen Entwicklerstudios Shin’en, die mit
„Fun! Fun! Minigolf“, „Art of Balance“ und „Jett Rocket“ bereits richtige
„Bretter“ im technischen Bereich auf WiiWare gebracht haben. Nein, „Chick Chick
Boom“ trumpft nicht durch pompöse 3D-Grafik oder den vielfältigen Einsatz von
komplizierten TEVs auf, sondern besticht in den Grundlagen durch eine klare
Menüführung, satte Farben und liebevolle Details. Das Geschehen ist durchweg in
einem liebenswerten 2D-Stil gehalten, der jedem modernen Comic Konkurrenz machen
könnte. Selbst auf großen 16:9-Glotzen fällt kein nennenswerter Treppcheneffekt
auf, alles wirkt wie aus einem Guss und so macht die reduzierte, aber deswegen
umso effektivere Aufmachung richtig Spaß.
Doch kommen wir zum spielerischen Teil. Diesen kann man vereinfacht als eine Art
„Worms unter Stress“ bezeichnen. Wie im Wurm-Titel stehen sich in einer
zweidimensionalen Arena zwei Teams gegenüber, die sich gegenseitig vernichten
sollen. Dafür stehen ihnen rundenbasiert unterschiedliche Attacken zur
Verfügung, mit denen man dem Gegner größtmöglichen Schaden zufügen sollte. So
weit, so bekannt. Doch haben wir es hier nicht mit einem Guttenberg’schen
Plagiat zu tun, wo schlicht Würmer gegen die namensgebenden Küken getauscht
wurden. Tons of Bits hat sich einiges einfallen lassen, um die Partien ein wenig
chaotischer werden zu lassen, als dies bislang der Fall war. Das beginnt damit,
dass ihr eure Attacken nicht einfach auswählen dürft, sondern sie auch in
gewisser Weise selbst ausführen müsst. Eure drei Standardattacken bestehen aus
einer Bombe, einer fleischfressenden Pflanze und einem riesigen Gewicht, welches
auf eure Gegner fällt. Um eines dieser drei Geschütze einzusetzen, müsst ihr
zuvor mit dem Pointer ein entsprechendes Symbol am unteren Bildschirmrand
abfahren. Je nach dem, wie schnell euch das gelingt, könnt ihr dann in einem
zweiten Schritt diese drei Waffen jeweils upgraden. Nach einem weiteren kurzen
Geschicklichkeitsspiel (Zielscheibe möglichst präzise treffen) entscheidet sich,
ob ihr aus der normalen Bombe eine Cluster-Bombe im Käfer-Look machen könnt oder
ob das Klavier zu einem hopsenden Sumo-Ringer wird, der natürlich gleich
mehrmals auf den Boden stampft. Je besser ihr im engen Zeitrahmen die kleinen
Geschicklichkeitsübungen absolviert, desto effektiver werden eure Angriffe.
Schade ist, dass es eben nur diese drei Standardangriffe gibt und sich die
Methoden niemals ändern. Hier wäre ein wenig mehr Abwechslung durchaus
wünschenswert gewesen.
Runde für Runde aktiviert ihr also eure Waffen und hofft, dass dem Gegner keine
adäquaten Verteidigungsmaßnahmen einfallen. Da sich eure fünf Küken
selbstständig hüpfend und dabei wenig denkend durch ihr Gebiet bewegen, könnt
ihr sie nicht aktiv zum Ausweichen bringen. Die Entwickler geben euch aber den
Pointer an die Hand, mit dem ihr in bester Stylus-Manier Linien in euer Gebiet
zeichnen könnt. Der Vorrat an „Tinte“ ist natürlich begrenzt, aber es ist enorm
effektiv, wenn ihr die gegnerische Bombe, die gerade in euren Vorgarten geflogen
ist, mit einer kleinen Linie von euren Küken trennt. Die Explosion wird daran
abprallen und eure Schutzbefohlenen überqueren diese virtuelle Linie ebenfalls
nicht. Dumm nur, dass das Timing absolut passen muss: Solche Zauberstriche
halten nur für wenige Sekunden… und wann explodiert nochmal so eine Bombe?
Während der Matches halten euch aber nicht nur Verteidigung und Angriff auf
Trapp: Bisweilen schreit eine Stimme „Corncobman“ und im Hintergrund tapert ein
Maiskolben durchs Bild. Dann lasst besser alles stehen und liegen (oder doch
nicht? Schließlich schaut der Gegner vielleicht nicht hin?!) und malträtiert den
B-Knopf während ihr auf den Maiskolben zielt, um dadurch möglichst viele Körner
in euren Bereich zu schleudern. Diese dienen euren Küken als wertvolle Energie.
Verliert ihr davon im Übrigen etwas, wird ein buntes Pin(ata am oberen
Bildschirmrand immer größer und fällt irgendwann wie ein reifer Apfel auf den
Zaun in der Mitte. Welcher Spieler nun zuerst reagiert, kann einen Bonus
abstauben. Vielleicht verwandelt sich ein eigenes Küken in eine Krankenschwester
und heilt die übrigen, vielleicht bekommt eure Truppe kostenlose Schutzhelme
spendiert, vielleicht wird aber auch der Gegner während des Zeichnens der
Angriffe einfach nur stark behindert. Und ach ja, wem das immer noch nicht genug
Chaos ist, der darf sich auf spezielle Bonus-Angriffe freuen, die mitunter
auftauchen und an die jeweiligen Levels gebunden sind. In der Stadt kann man ein
UFO losschicken, um gegnerische Küken zu entführen, auf dem Schiff greift ein
Riesenkraken an und auf dem Friedhof treiben Geister ihr Unwesen. Leider gibt es
eben auch nur eine sehr beschränkte Anzahl an Arenen (eben diese drei), die sich
aber durch diese Spezial-Attacken immerhin angenehm voneinander abheben. Und
denkt daran: Falls es mal gewittern sollte, immer einen Blitzableiter zeichnen
;-)
Fazit:
Chick Chick Boom ist ein tolles Versus-Spiel, welches mit zwei Spielern, die
beide mit der Wiimote umgehen können, enormen Spaß machen kann. Es ist zufällig
und planbar zugleich, hektisch und strategisch und macht aufgrund der guten
Präsentation einfach Laune. Leider vermisst man als Einzelspieler eine
ausgearbeitete Kampagne, sodass man sich allein mit einem Endlosmodus begnügen
muss, in dem aber immerhin neue Kükenmannschaften (z.B. Piraten, ‚Chinkinger‘
oder Snobgefieder) freispielen kann. Das normale Match (nach Punkten oder nach
Zeit) macht gegen die CPU leider nur wenig Spaß. Im Mehrspielermodus trübt
eigentlich nur die geringe Anzahl an Angriffen und Arenen den Spielspaß.
Ansonsten heißt es: Auf in den Kampf, ihr glorreichen Chicks!
(Hendrik)
Pluspunkte:
+ hektisch und strategisch zugleich
+ Bonus-Attacken je nach Arena
+ äußerst charmante Präsentation
+ gelungenes Tutorial
+ präzise Steuerung
+ toller Zweispielermodus
Minuspunkte:
- nur drei Standardangriffe und drei Arenen
- nach einer Weile repetitiv
- keine Kampagne für Einzelspieler
- weder 4-Spielermodus noch Online-Modus
Wertung:
Einzelspieler: 6,0
Mehrspieler: 8,0

Screenshot 1

Screenshot 2

Preis: 800 Nintendo Punkte
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(27.2.2011)