Man soll ja nicht vorschnell urteilen und ein Spiel nach seinem Namen bewerten.
Aber mal ehrlich: „Racers‘ Island – Crazy Racers“ klingt bereits nach einem mehr
minder als mehr gelungenem Mario Kart-Klon. Bis auf Sonic und die SEGA Allstars
ist es eigentlich seit langem keinem Fun-Racer mehr gelungen, auch nur in die
Nähe des Spielspaß-Primus zu gelangen. Selig lächelnd müssen wir da an die
Zeiten von Diddy Kong Racing zurückdenken. Und ausgerechnet dieser WiiWare-Titel
soll das Kunststück fertig bringen?
Zumindest das Drumherum weiß zu gefallen: Mit sechs relativ abgedrehten
Charakteren saust ihr über zehn Rennstrecken, die allesamt auf „Racers‘ Island“
liegen, um die Wette. Im maßgeblichen Meisterschaftsmodus herrscht dann auch
gleich Mario Kart-Klima. In mehreren aufeinanderfolgenden Rennen gilt es durch
gute Platzierungen möglichst viele Punkte zu holen, um am Ende auf dem
Siegertreppchen ganz oben zu stehen. Das ganze Ambiente ist dabei stimmig: Die
Charaktere unterscheiden sich angenehm in ihren Fähigkeiten und sind charmant
gestaltet, die zehn Kurse suchen sich auf der Insel eigene Pfade, führen aber
immer wieder auch über Abschnitte, die von anderen Kursen schon befahren wurden.
Die Insel ist ganz dem Globetrotter-Gedanken verschrieben, was bedeutet, dass
jede Ecke irgendwie einer bestimmten Erdregion zugeschrieben ist. Eben fuhr man
noch unter dem Eifelturm hindurch, dann schlittert man schon über den eisigen
Grund der Antarktis, um anschließend in Texas riesige Hamburger zu umfahren. Die
Idee, sich auf einem großen Streckennetz mit nur immer neuen Routen zu bewegen,
ist zwar nicht neu, aber kann hier aufgrund des Einfallsreichtums überzeugen.
Leider ist das Design dann auch bereits das Beste an den Kursen. Um es kurz zu
machen: Die Strecken sind einfach langweilig. Ok, die Gestaltung ist nett, aber
die Streckenführung plätschert uninspiriert vor sich hin, sodass eine
gelangweilte Kurve der nächsten folgt. Zudem sind die einzelnen Runden mit
Durchschnittszeiten von 60-90 Sekunden etwas zu lang geraten, die dann drei mal
absolviert werden müssen. Da helfen dann auch vereinzelte Abkürzungen nicht,
wenn fahrerisches Geschick ansonsten einfach nicht benötigt wird. Das liegt
nicht zuletzt auch daran, dass der Begriff „Geschwindigkeit“ bei den Fähigkeiten
der einzelnen Fahrer falsch gewählt wurde. Denn Geschwindigkeit kommt niemals
auf, auch wenn der Balken voll ist. Man tuckert hier gemächlich über die Kurse,
als wenn man bei Mario Kart im 25ccm-Bereich spielen würde. Dann können knappe
fünf Minuten für eine Strecke doch auch schon mal lang werden.
Wahrscheinlich ist das sogar beabsichtigt von den Entwicklern. Schließlich haben
wir es hier mit einem Fun-Racer zu tun, bei dem das fahrerische Können natürlich
nicht so ausschlaggebend ist wie bei einer Formel 1-Simulation. Das ist bei
Mario Kart im Kern auch nicht anders. Wahrscheinlich wollte man dem Spieler
Gelegenheit geben, sich auch auf die Items zu konzentrieren. Leider ist das kaum
nötig. Zwar gibt es einige Gegenstände, die man durch Überfahren von
Fragezeichen-Kisten einsammelt – wo haben sie das nur her? -, doch sind diese
Fallen in der Regel ganz schön öde. Man kann sich unverwundbar machen, man kann
eine zielsuchende Rakete abfeuern und man kann einen Turbo erhalten. Stern,
Schildkröte, Pilz. Tolle Eigenleistung. Diese gibt es allerdings auch, denn
jedes Gefährt hat bei „Crazy Racers“ eine eingebaute Bordkanone, mit der man -
was immer genau das ist – verschießen kann, um so den vor einen fahrenden Gegner
zu verlangsamen. Das geht unendlich oft, allerdings überhitzt diese Kanone recht
schnell, mal abgesehen davon, dass die Wirkung zu wünschen übrig lässt.
Im Gegenzug sorgt diese kleine „Innovation“ dafür, dass man dieses Rennspiel
nicht mit dem Wii Lenkrad spielen kann. Überhaupt gibt es keinerlei
Bewegungskontrolle. Ihr haltet ganz klassisch Wiimote und Nunchuk in euren
Händen und gebt mit „Z“ Gas und lenkt mit dem Stick. Wer beispielsweise mit „A“
Gas geben möchte, kann das nicht. Die Steuerung darf überhaupt nicht
konfiguriert werden. Immerhin funktioniert das Zielen über den Pointer ganz gut,
wobei wir es als etwas anstrengend empfunden haben, während des Rennens die
ganze Zeit auch noch auf den Pointer zu achten. Wer sich mit Wiimote und Nunchuk
noch nicht so gut auskennt, wird durch die Doppelbelastung (Lenken und Zielen)
anfangs Probleme bekommen.
Apropos Lenken und Probleme: Auch wenn es den Pointer nicht gäbe, würde euch das
Steuern des Gefährts in die Bredouille bringen. Eine dermaßen zickige
Rennspielsteuerung ist uns schon lange nicht mehr untergekommen. Bewegt man den
Stick nach links, eiert das Auto übertrieben stark in diese Richtung und kann
nur mit Mühe auf der Straße gehalten werden. Hinzu kommt eine spürbare
Verzögerung des Lenkmanövers, was in der Regel zu einem beständiger Eierlauf
führt. Anstatt in gerader Linie über die breiten Pisten zu heizen, schlingert
ihr munter von rechts nach links. Fahrt ihr dann mal gegen einen Hamburger, der
wie gesagt interessanterweise oftmals einfach so auf der Strecke liegt, spielt
die „Physik-Engine“ ihre Stärken aus: Euer Auto hebt mal spontan ab, überschlägt
sich auch bei nur kleineren Berührungen und der Hamburger kann sich nicht so
recht entscheiden, ob er nun aus Beton oder Watte ist. Auf jeden Fall bewegt er
sich genauso wie die steinerne Aztekenstatue. Auch wenn Physik nicht mein
Lieblingsfach war: Hier stimmt dann doch was nicht. So wird es dann auch
ziemlich schwierig, die auf der Strecke verteilten Radmuttern einzusammeln. Was
ein wenig an die Münzen aus älteren Mario Kart-Teilen erinnert, hat hier eine
kleine andere Nuance. Wer am Ende des Rennens die meisten dieser Muttern
aufgesammelt hat, bekommt zu seinem Rennergebnis Bonuspunkte gutgeschrieben.
Diese gibt es auch für die meisten Abschüsse und die beste Defensivleistung.
Theoretisch kann man also Dritter oder Vierter werden und dank dieser
Bonusaufgaben dennoch die meisten Punkte erreichen. Eine nette Idee, die aber
durch die Umsetzung auf der Strecke irgendwie zunichte gemacht wird. Die
Bonuspunkte sind übrigens optional. Leider nicht optional ist die Fahreranzahl:
Die bleibt stetig auf niedrigem Niveau. Nur vier Fahrer tummeln sich
gleichzeitig auf der Strecke, wahlweise auch bis zu vier menschliche Kollegen.
Im Mehrspielermodus ändert sich dann aber nichts Entscheidendes. Immerhin dürft
ihr euch aber auch mit mehreren an der Meisterschaft versuchen. Im technischen
Bereich trübt vor allem die eintönige Musik den Eindruck. Auf allen Strecken
dudelt nur ein „fröhlicher“ Song vor sich hin, der euch irgendwann gewaltig auf
die Nerven gehen wird. Immerhin wird er manchmal landestypisch interpretiert,
zum Beispiel wenn ihr gerade unter dem Eiffelturm hindurchfahrt. Zudem sind die
Soundeffekte mehr als dünn und verschaffen insofern keine Erleichterung.
Außergewöhnlich herzlos ist die Siegerehrung: Gewinnt ihr einen Cup, so steht
euer Name ganz oben in einer Tabelle. Punkt. Keine Sequenz, kein musikalischer
Tusch, kein Konfettiregen im Menü.
Fazit:
Und wieder ein gescheiterter Versuch, Mario Kart zu imitieren. Obwohl die
äußerlichen Bedingungen stimmen, macht „Racers‘ Island – Crazy Racers“ doch
einfach zu viel falsch, um eine ernsthafte Konkurrenz darzustellen: Die Kurse
sind trotz charmanter Präsentation zum Gähnen langweilig designt und beinahe
blind zu befahren, die Steuerung erlaubt es euch nur, wie betrunken über die
Strecke zu eiern und die eingestreuten Items zünden einfach nicht richtig. Zudem
kann das andauernde Pointen auf den Screen ermüdend wirken. Letztlich greifen
nur beinharte Fun-Racer-Fans zu, wobei sich auch die überlegen sollten, ob man
den happigen Preis von 12€ für diesen Titeln zahlen muss.
(Hendrik)
Pluspunkte:
+ humoriges Design
+ Items,…
+ Bonusaufgaben (z.B. Radmuttern sammeln)
+ spürbar unterschiedliche Fahrer
+ 4-Spieler-Meisterschaft
Minuspunkte:
- Kursführung uninspiriert
- …die sich zu stark ähneln
- viel zu langsam
- zickige & überempfindliche Steuerung
- zweifelhafte Physik-Engine
- Pointen und Rennen fahren gleichzeitig
- nur ein Musikstück
- hoher Preis (1200 Nintendo Punkte)
Wertung:
Einzelspieler: 4,0
Mehrspieler: 4,0

Screenshot 1

Screenshot 2

Preis:
1200 Nintendo Punkte
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(28.11.2010)