konsolenkost.de

 
Mag64

11.06.2008 Das Mag64 zu Besuch bei Rare

1997 war wohl ein Jahr, in dem nicht nur für uns eine neue Ära beginnen sollte: Das Mag’64 ward geboren und wird seitdem von einer konstant größer werdenden Community besucht und – wir hoffen es zumindest – auch geschätzt! Ein Jahr, das aber auch in anderer Hinsicht ein großartiges war. Drei Spiele einer ganz bestimmten Firma bugsierten damals das Nintendo 64 an die Spitze der Charts, sorgten für Millionen von Abverkäufen und trieben einen Mythos voran, dessen Name „Rare“ lautet. „Blast Corps“, „Golden Eye 007“ sowie „Diddy Kong Racing“ – drei Titel, die in einem einzigen Jahr über die Spielergemeinde losgelassen wurden und für mächtig Begeisterung sorgten. Ab diesem Zeitpunkt war die Welle an enthusiastischen Spielern, die heiß waren auf „Rare“-Titel nicht mehr aufzuhalten. Ein Mythos war geborgen, der sich wie ein Schleier über jene eine Firma legt, der sich sukzessive ausgebreitet hat, verstärkt wurde und dem wir nun am eigenen Leibe begegnen konnten! „Rare“ ist in der Spielebranche – auch wenn der Entwickler nicht mehr exklusiv für Nintendo-Konsolen produziert – ein Faszinosum, das den geneigten Daddel-Enthusiasten auf seltsame Art an sich bindet, regelrecht fesselt und das Gefühl vermittelt, dass man hier an einem Ort gelandet ist, wo wohl noch nicht allzu viel an Öffentlichkeit stattgefunden hat. Wie gesagt: Ein Mythos, um einen einzigen Software-Entwickler, über den kaum etwas bekannt ist, von deren Entwicklern so gut wie keine Fotos existieren. Je weniger man als Außenstehender weiß, umso besser. Jener besagte Tag sollte dann einer der aufregendsten, beeindruckendsten und sogleich legendärsten überhaupt in der Geschichte des Mag’64 werden. Ein Tag, der wohl für immer im Gedächtnis eines Redakteurs verankert bleibt, gut gehütet wie der wertvollste Schatz, abgespeichert auf der internen „Festplatte“. Somit geht der 03.06.2008 in die Geschichte des Mag’64 ein: Der Besuch bei „Rare“! Ja, Ihr habt richtig gelesen. „Rare“ hat für uns und einige weitere ausgewählte Vertreter unserer Zunft seine Tore geöffnet und zu sich gebeten. Und wir haben den Termin selbstverständlich gerne wahr genommen! Aber beginnen wir von Anfang an!

Es war Mitte Mai, da kam die unverhoffte Nachricht aus Krefeld! „Krefeld“, fragt Ihr Euch? Ja, denn dort hat „THQ“-Deutschland seinen Sitz. Und da so mancher Titel von „Rare“ in der Vergangenheit von jenem Publisher auf den Markt gebracht wurde, sollte nun klar sein, wie THQ zum ehemaligen Nintendo-Exklusiventwickler steht ;-) . Großes kündigte sich an, soviel war mal sicher, denn der in Twycross sitzende Entwickler hat einen Titel in der Mache, der im September 2008 auf dem Nintendo DS veröffentlicht wird. So ist es geplant und so wird es im dritten Quartal wohl auch stattfinden. Die Rede ist von „Viva Piñata DS“. Ein Ableger, dessen Serie ihren Ursprung auf den Microsoft-Konsolen hat und dort relativ erfolgreich war – wenngleich die Zeiten bei Nintendo wohl für wesentlich fettere Gewinne gesorgt haben dürften ;-) ! Aber allein die Tatsache, dass man nun als Firma, die in das Microsoft-Imperium eingegliedert ist, auch weiterhin für Nintendo-Konsolen produziert, ist schon eine schöne Sache, die zeigt, dass man großes Potenzial in dem japanischen Konzern sieht. Die Einladung von „THQ“ kam überraschend und zeitlich sehr kurzfristig zugleich, denn wir hatten nun wirklich gar nicht damit gerechnet, dass wir demnächst nach Birmingham fliegen sollten, um von dort aus in das Hauptquartier von „Rare“ zu fahren. Anlass war eine exklusive Präsentation des brandaktuellen Nintendo DS-Titels, die nur einer Handvoll (und das ist wörtlich zu nehmen!) deutschen Journalisten zuteil wurde. Und dass wir alle aus dem Bereich der Online-Medien kamen, erfreut uns umso mehr. Print-Magazine werden zwar gelesen, allerdings wird dem Online-Segment wohl doch große Bedeutung zugesprochen, denn anders kann man sich die Auswahl nicht erklären.

Der 03.06.2008 sollte das angestrebte Datum sein, das für uns einen Traum in Erfüllung gehen ließ. Ein Besuch bei „Rare“, komplett gesponsort von „THQ“, sei es Flug, Taxi, Hotel sowie Verpflegung. Ein Angebot, das man nun mal in keinster Weise ausschlagen sollte. Und dann noch der Exklusiv-Besuch beim wohl bedeutendsten Videospiel-Hersteller überhaupt: Man beachte, dass „Rare“ allein für das Nintendo Entertainment System (NES) und den Game Boy über 60 Titel veröffentlicht hat. Uns ist vor allem „Snake Rattle`n Roll“ im Gedächtnis geblieben, aber das bleibt wohl ein subjektiver Eindruck eines ganz besonderen Erlebnisses. Die ganz große Zeit des englischen Entwicklers begann spätestens mit dem Release der „Donkey Kong Country“-Reihe, die sich im Gesamten über 30 Millionen mal verkaufen sollte, eine schier unvorstellbar große Zahl, die dem Hersteller allen nur erdenklichen Ruhm eingebracht hat und ihn im Folgenden zu den Top-Entwicklern für Nintendo-Konsolen avancieren ließ! Für Nintendo war „Rare“ eine Goldgrube geworden, eine „sprudelnde Ölquelle“, die dank des Ideenreichtums, der entwicklerischen Fähigkeiten sowie der umgesetzten Konzepte wohl nie zu versiegen drohte. So war es die nächsten Jahre dann auch. Jegliche Freiheit stand dem Entwickler zu, was er auch an Budget benötigte, wurde ihm gewährt, selbst über die Entwicklungszeiten bestimmte der kleine „David“ und diktierte sie dem Riesen „Goliath“. Titel wie die „Banjo Kazooie“-Umsetzungen beschleunigten den Bekanntheitsgrad der Kultschmiede, sorgten für Abermillionen Verkaufseinheiten und glückliche Spielergesichter. Beinahe jeder Titel, der von „Rare“ veröffentlicht wurde, wurde mit sensationellen Wertungen belohnt, selbst Titel – wie „Jet Force Gemini“ (Nintendo 64), die sich nicht ganz so sensationell absetzen ließen. Mit „Donkey Kong 64“ (1999) und dem beeindruckenden „Perfect Dark“ im Jahr 2000 war der Kultstatus besiegelt, obgleich ein Jahr später, man schrieb inzwischen eine „1“ hinter der „200“, „Conker’s Bad Fur Day“ für einen Paradigmenwechsel sorgen sollte. Einschneidend war nicht nur das spielerische Erlebnis, sondern auch die Tatsache, dass „Rare“, nachdem sie 2002 „Star Fox Adventures“ released hatten, von Microsoft übernommen wurde. Für uns Nintendorianer war das ein herber Verlust, ein Einschnitt in eine kontinuierliche Linie genialer Titel-Veröffentlichungen. Dennoch waren wir überrascht, dass der nun unter Microsofts Fittichen arbeitende Konzern auch weiterhin für Nintendos Handhelds produzieren würde. Um nur einige zu nennen, seien „Sabre Wulf“, „Banjo Pilot“ und „Mr. Pants“ genannt“. 2008 schaut es angesichts des bevorstehenden „Viva Piñata DS“ nicht viel schlechter aus, aber dazu im gesonderten Preview-Bericht mehr! Immerhin hatten wir die Gelegenheit es in einem Hands-On ausgiebig anzuspielen und einige Zeit mit dem potenziellen Verkaufshit zu verbringen.

Los ging es für uns allerdings bereits am 02.06. München war unser gewünschter Flughafen, „THQ“ hatte gefragt, von wo aus wir starten wollen und demnach hatten wir uns für die bayerische Landeshauptstadt entschieden. Für uns insofern prekär, als dass wir anfangs noch nicht so recht wussten, ob unsere Schlafmöglichkeiten auch wirklich zustande kommen würden. Zwei Bekannte hatten wir um Asyl gebeten, einer davon sagte uns noch im letzten Moment wegen „anderweitiger Verpflichtungen“ ab. Und weil der Adrenalinspiegel so kurz vor Abflug sowieso kaum mehr zu bändigen war, hätten wir das mit dem Schlafen eigentlich auch sein lassen können, denn an Schlaf ist vor besagtem Event, dem Besuch bei „Rare“ nun wirklich nicht zu denken. So war die Nacht auch redlich kurz (aufgestanden wurde um 2:50 Uhr!!!), die Augenringe dafür umso länger, als es mitten in der Nacht schon losging. Die Fahrt zum Münchner Flughafen stand an, besser gesagt ein Trip mit der S-Bahn. Der Magen flau, die Nerven gespannt, ging es mit dem öffentlichen Verkehrsmittel zum gewünschten Abflugpunkt. Mit „THQ“ hatten wir ausgemacht, dass wir uns direkt in Birmingham treffen, sprich, kurz nach der Landung telefonieren würden. Bis wir allerdings dort ankommen sollten, würde noch einige Zeit ins Land ziehen. 6:50 Uhr war Abflugzeit, zunächst noch das Ticket holen, einen kleinen Happen eingeschmissen und es konnte losgehen. Schon seit Längerem nicht mehr geflogen, war das Gefühl anfangs – wie sooft – gewöhnungsbedürftig. Ein paar Luftlöcher hier, ein paar Turbulenzen dort. Für einen flauen Magen keine allzu guten Bedingungen. Im Nachhinein können wir aber sagen, dass wir die sogenannte „Kotz“-Tüte nicht in Anspruch nehmen mussten.

Zwischengelandet wurde in Amsterdam „Schiphol“, auf einem Flughafen, dessen Dimensionen beeindruckend wirken – vor allem wenn man aus der Fremde kommt, sich nicht täglich zwischen Terminals und Landebahnen herumtreibt und seine Herkunft in einem kleinen Kaff namens Berchtesgaden verortet. Eindrücke, die man so schnell nicht mehr vergisst. Verloren standen wir nun also mutterseelenallein am Amsterdamer Flughafen, der Magen rebellierte und so musste die nächste Toilette aufgesucht werden – ein wenig Zeit war ja noch, bis es dann weiter ging in Richtung Birmingham/England. Dass die Landung klischeehafter nicht hätte stattfinden können, bedeutete für uns einen guten Start in den Tag. Die Übelkeit war verflogen, die Nebeldecke durchbrochen und was man erkannte, war eine Schafherde, die sich unweit eines englischen Hofes tummelte. Ein Anblick vergleichbar mit einem englischen Bilderbuch! Soweit, so gut! Es war ja noch nicht einmal Mittag, aber der Magen meldete sich unentwegt. Er verlangte nach einem Kaffee. Nur zu gut, dass man in der Eile vergessen hatte, dass in England nicht der Euro als offizielles Zahlungsmittel gilt, sondern das Pfund. Also ab in die Wechselstube und ein paar Scheine getauscht. Viel würden wir ja nicht benötigen, denn zum einen ist unser Aufenthalt in Birmingham auf rund 24 Stunden hin ausgelegt, zum anderen würden wir ja verpflegt werden, wie uns „THQ“ mitgeteilt hatte. Umso besser… Nachdem auch Carsten, unser Mann von „THQ“, bereits gelandet war – die Zeiten hatten wir im Vorhinein untereinander ausgetauscht – kontaktierten wir uns per SMS. Zwei Minuten später klingelte bereits das Telefon – Shake Hands, eine freundliche Begrüßung und die ersten Worte des heutigen Tages. Der Tag sollte also erfolgreich werden, das hatten wir zumindest im Gefühl. Nachdem wir im Folgenden auf die anderen Mitglieder der deutschen Delegation gewartet hatten und eine Maschine mit Verspätung ankommen sollte, machten wir uns also erstmals zu fünft auf den Weg. Jan, Stefan, ein weiterer Stefan, Carsten und meine Wenigkeit. Emanuel sollte alleine mit dem Taxi nachkommen. In einem typisch englischen Cab ging es mit einem indischen Fahrer in Richtung Twycross. Persönlich für mich wohl mit Abstand die längste Taxifahrt überhaupt – was sich dann auch im Preis zeigte, der mit rund 60 Pfund recht ordentlich ausfiel ;-) . „THQ“ übernahm die Rechnung und wir konnten uns ziemlich wichtig fühlen, spätestens dann, als wir fernab jeglicher „Industrieidylle“ an Wiesen, Feldern und zahlreichen Bauernhöfen vorbei zum Ziel unserer Träume kommen sollten. Vormals angesprochener Mythos wurde spätestens dann deutlich, als wir vor einem Tor standen, das für gewöhnlich einen Hochsicherheitstrakt vom Rest der Welt trennt. Drei Kameras zielen direkt auf uns ab – erst nachdem der Taxifahrer uns angekündigt hatte, öffnete sich das Tor und wir waren dort, wo bislang noch nicht allzu viele Vertreter der Presse gewesen waren: Mitten in „Rare“-Land, das sich uns genau so offenbart, wie wir es uns bereits in Gedanken ausgemalt hatten. Ein riesiges Gelände, gepflegt bis ins Detail und mitten drin thront ein Gebäudekomplex samt vier langer Ausläufer, die vor allem als Stätten der Programmierer, Designer und Grafiker dienen. Gewaltig ist das schlossgleiche Anwesen in jedem Fall und man nimmt nicht an, dass hier wirklich knapp 200 Leute arbeiten sollen. 200 Leute! Wobei wahrscheinlich der größte Teil für die dritte „Banjo Kazooie“-Umsetzung verantwortlich zeichnet. Naja, und natürlich an den anderen Geheimprojekten, an denen in den Labors von „Rare“ herum getüftelt wird ;-) .

Da sind die 16 Leute, die an „Viva Piñata DS“ werkeln, schon recht überschaubar. Teilweise umgeben von Wald, erstreckt sich das Gelände über eine stattliche Fläche, verbucht wird das ganze als „Rare HQ, Manor Park, Twycross“. Allein beim Lesen der Adresse wird uns als „Rare“-Fans heiß und kalt zugleich, wobei wir zunächst eigentlich noch gar nicht wissen, wo wir hier gelandet sind, denn von einem Firmenschild haben wir bislang noch nichts gesehen. Lediglich auf Foto-Luftaufnahmen erkennen wir im Nachhinein, dass die Felder unweit des „Rare“-Hauptquartiers durch „RARE“-Schriftzüge künstlerisch hervorgehoben wurden. Jener Gärtner, der dafür verantwortlich war, gebührt ein kräftiger Schulterklopfer, keine Frage. Aber spätestens als man uns im Foyer der Kultschmiede empfangen hat, dem Tempel aller spielerischen Träume, fängt das Herz zum Hüpfen an, der Puls beginnt zu rasen. Man ist angekommen… Angekommen in einer Kultstätte, einem Schrein, der mit all jenen Dingen aufwartet, die „Rare“ im Laufe der über 20-jährigen Existenz auf den Markt gebracht hat. Spezielle Konsolenbundles, ultimative Spieleserien noch und nöcher, Sondereditionen so weit das Auge reicht, aufbewahrt in gläsernen Vitrinen, die ungemein edel wirken und den Mythos um die Kultfirma noch zusätzlich schüren. Was aber vor allem auffällt, ist zum einen ein überdimensioniertes Poster von „Kameo“, zum anderen gigantische Figuren altgedienter Videospiel-Superhelden – Banjo, Conker sowie Joanna Dark in Lebensgröße sind ein ziemlich beeindruckendes Erlebnis. Wäre da nicht Sicherheitspersonal positioniert, würde man die Figuren augenblicklich eigenhändig heraustragen wollen, was nun leider aber nicht möglich erscheint. Ebenfalls beeindruckend: Ein „Jet Force Gemini“-Relief, das an der Wand angebracht wurde und einfach nur fabelhaft wirkt. Unsere Leidenschaft lässt sich wohl nur dann teilen, wenn man dem Hobby genau so verfallen ist, wie wir. Gut gefüllte Getränkeautomaten und Obstauslagen, an denen wir uns selbstverständlich bedienen durften – wir waren ja schließlich „Zuhause“ angekommen ;-) – luden zum Durststillen und Sattessen ein. Im ersten Stock angekommen, erwartete uns ein „Killer Instinct“-Automat von anno dazumal, ein Relikt vergangener Zeiten, ein Objekt der Begierde, das wohl jeder Prügelfan (in softwaretechnischer Hinsicht, versteht sich!) gerne sein Eigen nennen würde. Beinahe alles was in „Rare“-Land existent ist, wünscht man sich mitnehmen zu dürfen, Poster wohin das Auge reicht, Merchandising-Produkte, die die Welt noch nicht gesehen hat. Logisch, dass man das alles auf seiner SD-Karte festhalten will. Aber wie es nun mal so bei einem lebenden Mythos ist, will man diesen nicht beschädigen oder besser gesagt entmythologisieren. Daher war es in „Rare“-Paradise tabu Mitarbeiter zu fotografieren, ebenso war es nicht gestattet einzelne Räumlichkeiten abzulichten. Scheu sind die dort anzutreffenden Entwickler allemal, teilweise fühlte man sich so, als würde man bewusst an all demjenigen vorbeigeschleust werden, was eine Gefahr für die Firma darstellen könnte. Wäre es uns eventuell ansonsten sogar gelungen, die Info aus einem erpressbaren Mitarbeiter herauszukitzeln, dass der dritte Serienteil, „Banjo Kazooie – Nuts & Bolts“, nun also auch für Nintendos Wii erscheint? Wir wissen es nicht, vermuten es aber mal ;-) .

Aber auch trotz aller Geheimniskrämerei ist der Besuch bei „Rare“ ein gelebter Traum. Das regelrechte Anwesen wirkt blitzeblank, glänzt ob des modern-klassischen Stiles, der Backsteinoptik sowie zeitgemäßer Architektur und vermittelt ein Gefühl, als könnte man sich auch länger als ein paar Stunden wohl fühlen. Was dann im Gespräch mit Paul Machacek, dem Producer von „Viva Piñata DS“ und Mark Bryant, dem Software Engineer, auch deutlich wurde. „Rare“ scheint eine Art Ersatzfamilie zu sein, ungern spricht man über Privates, vielmehr stellt man das Wir-Gefühl in den Vordergrund der Unterredung. „Gemeinsam“ zählt mehr als „alleine“. Als Mitarbeiter kann man sich im Manor Park wohl fühlen, das wird nicht nur in der Konversation deutlich, sondern bereits das versprühte Flair, die Atmosphäre, welche vom Hauptquartier ausströmt, vermittelt dem Besucher diese Sinnesempfindung.

Nachdem wir uns also in den Raum der nun stattfindenden Präsentation begeben hatten, konnte der Anlass, weswegen wir eigentlich von Deutschland nach Birmingham gekommen waren, nun folglich seinen Lauf nehmen. Auf das Spiel selbst gehen wir in einem gesonderten Preview-Teil ein, so dass Ihr alle Einzelheiten, die wir während der Testphase für Euch herausgefunden haben, erfahren könnt. Nur soviel: „Viva Piñata DS“ ist zwar auf eine jüngere Zielgruppe – zumindest dem Fact-Sheet nach – zugeschnitten, offenbart sich aber als durchdachte und toll in Szene gesetzte Umsetzung mit „Pokémon“-Anleihen. Ob Paarung, Kampf oder Aufpäppeln – das Potenzial, welches im Titel steckt, wird wohl erst dann deutlich werden, wenn das fertige Endprodukt bei uns in der Redaktion eintrudeln wird. Dennoch ist unsere Einschätzung bereits zu diesem Zeitpunkt äußerst positiv. Alles Weitere gibt’s im gesonderten Preview zu lesen!

Nachdem die Produktpräsentation, bei der man alle wichtigen Einzelheiten zum Spiel erfuhr, beendet war, wurden alle anwesenden Journalisten in Anfänger- und Expertengruppen eingeteilt. Dem Vorgehen liegt zugrunde, dass nicht jeder Anwesende die „Viva Piñata“-Serie bereits kannte und „Rare“ eine gelungene Problemlösung dafür ausgeheckt hatte. So konnten Anfänger einige Tutorial-Missionen spielen und sich langsam aber sicher an das Gameplay gewöhnen, wohingegen erfahrene Zocker ihr Vorwissen direkt in einen fortgeschrittenen Spielstand investieren durften. Während des persönlichen Besuchs in der virtuellen Welt der Piñatas, standen uns jederzeit „Rare“-Mitarbeiter zur Seite, die helfend zur Hand gingen, Tipps gaben und selbstverständlich darauf achteten, dass von den unzähligen DS-Testexemplaren nichts verschwand. Was sich aber am Ende des Tages als erfolglose Aktion erweisen sollte, denn in der Tat beklagte man einige fehlende Handhelds mit Vorabversionen des Spieles. Neben der deutschen Riege an Spiele-Redakteuren waren des Weiteren Franzosen, Spanier und Engländer mit von der Partie, so dass wir im Gesamten auf über 20 enthusiastische Spieler kamen, die sich dem Titel widmeten. Kosten und Mühen hat man bei „THQ“ zumindest nicht gescheut, so viel sei gesagt. So war der Hin- und Rückflug im Paket inkludiert, ebenso die im fünften Stock gelegene Suite im Hotel („Malmaison“) die edler nicht hätte ausfallen können. Nachdem der Besuch bei „Rare“ mit einem (eigentlich zwei!) weinenden Auge(n) abgeschlossen war, machten sich alle Delegationen gemeinsam auf den Weg – nicht, ohne sich ein kleines Geschenk der Kultschmiede zu sichern: Einen hinter Glas gelegten „Viva Piñata DS“-Druck mit den 16 Original-Unterschriften aller beteiligten Entwickler, gefasst in einem Holzrahmen! Der Wahnsinn!!! Exklusiver kann man in diesem Fall nicht belohnt werden! Mit einem Bus machten wir uns auf zum Hotel. Erneut waren wir ob der luxuriös-wirkenden Ausstattung wie vor den Kopf gestoßen. Gewohnt sind wir solche Annehmlichkeiten nämlich gewöhnlich nicht. Eine Jugendherberge hätte es schon getan, aber bei „THQ“ lässt man sich eben nicht lumpen. Ok, die Minibar sollten wir dann zwar nicht ausräumen, aber das versteht sich ja von selbst. Gelegenheit zum Essen und Trinken sollten wir im Folgenden noch ausreichend bekommen, denn unweit unserer Unterkunft, in der wir uns um halb acht abends getroffen hatten, befand sich ein Edelrestaurant, in dem „Rare“ bereits Plätze hatte reservieren lassen. Alle Pressevertreter samt PR-Leuten und einigen „Rare“-Entwicklern waren gekommen, der Producer Paul Machacek holte uns direkt im Foyer ab.

Was uns dort erwartete, war ein Mahl von exquisiter Qualität. Mehrere Speisen zur Auswahl, entschieden wir uns als Vorspeise für Büffelmozarella mit Tomaten und Basilikum auf Baguette, als Hauptspeise erwartete uns Hühnchen im Parmaschinkenmantel mit Nudeln und delikater Soße. Abschließend gab es als Nachspeise eine Crème Brûlée. Zum Essen wurde ein erlesener Weißwein serviert, dessen Glas fortwährend wieder nachgefüllt wurde, somit konnten wir uns bei der Minibar vorbildlich zurückhalten ;-) . Hinsichtlich der Tischbesetzung hatte man ebenso ein glückliches Händchen bewiesen, da mindestens ein „Rare“-Mitarbeiter an jedem Tisch anwesend war, was zu ausgiebigem Small-Talk und einigen interessanten Infos führte. Demnach hat die Übernahme von „Rare“ durch Microsoft keine sonderlich großartigen Auswirkungen auf die „Rare“-Familie gehabt, weder in personeller noch in struktureller Weise. „Rare“ ist und bleibt ein – so kann man es wohl ganz gut beschreiben – autonomer Entwickler, der die Regeln selbst bestimmt, ganz nach dem „3D Realms“-Motto: „When it’s done!“ Aber trotz aller leckeren Delikatessen, die einem hier aufgetischt wurden, machte sich bei uns das Gefühl der Müdigkeit breit, immerhin stand am 04.06.2008 bereits der Rückflug an. Deswegen machten wir uns als welche der Ersten auf den Weg zurück ins Hotel. Den Weg hatten wir uns allerdings nicht eingeprägt, was uns zu einer halbstündigen Odyssee durch die dunkelsten Ecken des nächtlichen Birminghams führte. In der Suite angekommen, zogen wir erschöpft die Schuhe aus und waren froh, die schmerzenden Füße ausstrecken zu können. Vor dem Schlafengehen besahen wir uns noch einmal die errungenen „Rare“-Devotionalien an, bevor wir einschlummerten. Carsten hatte vorgeschlagen, dass wir gemeinsam frühstücken könnten, was eine klasse Idee war und zu einem würdigen Abschluss führen sollte. Nachdem wir am nächsten Tag miteinander gefrühstückt hatten, war der Zeitpunkt des Abschiednehmens gekommen. Der Rückflug stand an und unsere Wege sollten sich nun trennen. Für uns ging es zurück nach München, selbstverständlich mit Zwischenstopp in den Niederlanden. Während des Flugs rekapitulierten wir das Geschehene und konnten es nicht fassen, was wir an diesem besagten Tag alles erlebt hatten – der 03.06.2008 war zwar zwischenzeitlich Geschichte, geht aber in die Annalen des Mag’64 ein und wird uns allzeit – auf jeden Fall in unseren Gedanken – begleiten. Gut fühlten wir uns - kein Vergleich mit der beschwerlichen Hinreise, die uns noch in den Knochen steckte. Glücklich waren wir angesichts der Tatsache, dass wir noch einen Tag zuvor einem Mythos begegnet waren. Einer Firma, von der nicht viel mehr bekannt ist als der Sitz des Hauptquartiers, deren Mitarbeiter abgeschirmt von jeglicher Öffentlichkeit ihrem Handwerk nachgehen und deren Geheimniskrämerei um großartige Spielkonzepte eben das ausmacht, was wir soeben noch live miterlebt hatten: Einen Mythos! Den Mythos „Rare“!

kilian.pfeiffer@mag64.de (11.06.2008)

 
                   

Gamesload